Bodø, Kulturhauptstadt Europas 2024

Die Geschichte hinter Bodøs Bewerbung, Kulturhauptstadt Europas zu werden, verrät viel über den Geist der Stadt.

Zusammen mit der umliegenden Region Nordland gewann Bodø die Auszeichnung ohne finanzielle oder sonstige Unterstützung der Landesregierung. Tatsächlich hatte das norwegische Kulturministerium Bodø sogar aufgefordert, sich NICHT an der Ausschreibung zu beteiligen, aber in Bodø ließ man sich von diesem gut gemeinten Rat nicht von einer Kandidatur abhalten. Und gewann.

Es war ein überraschender Schritt für einen Ort, der bislang bei den Norwegern, die ihn überhaupt kannten, eher als langweilig und fade galt.

Von Raymond Limstrand Jakobsen, dem Vertriebsmanager von Bodøs neuem Wood Hotel, einem sogenannten Bodøværing, der in Bodø geboren wurde und der Stadt nie den Rücken kehrte, haben wir Folgendes erfahren: „Als ich in den 80er-Jahren hier aufwuchs, habe ich in den Zeitungen oft gelesen, dass man Bodø für die hässlichste Stadt in ganz Norwegens hielt.“ [Die Bomben der Luftwaffe zerstörten im Zweiten Weltkrieg fast die gesamte Innenstadt und den Hafen.] Das ist nichts, worauf man stolz sein könnte!

„Im Jahr 2006 wurde mit dem Parkenfestivalen ein großes Musikfestival ins Leben gerufen, und plötzlich kamen großartige Künstler aus der ganzen Welt, um in Bodø aufzutreten. Das machte uns hier sehr stolz und half uns, an uns selbst zu glauben.“

Seitdem ist das Parkenfestivalen von Jahr zu Jahr erfolgreicher geworden, Bodø hat den Titel „Norwegens attraktivste Stadt“ gewonnen (2016) und wurde Norwegens Kulturstadt (2017).

Trotz dieser kulturellen Fortschritte beruhten Bodøs Identität und der größter Wirtschaftszweig der Stadt bis vor Kurzem auf militärischen Verflechtungen. 1960, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, wurde ein US-Militärflugzeug auf dem Weg von Pakistan nach Bodø, wo es stationiert war, von der Sowjetunion abgeschossen. Dieses Ereignis katapultierte Bodø auf die politische Weltkarte. Viele Jahrzehnte lang waren hier einer der wichtigsten Luftwaffenstützpunkte Norwegens und die Flotte von F16-Jets der norwegischen Luftwaffe beheimatet.Doch in der zweitgrößten Stadt Nordnorwegens gibt es weit mehr als nur Kampfflugzeuge. In Bodø besitzt man Unternehmergeist, ist dynamisch und hat keine Angst davor, neue Dinge auszuprobieren..Die unkonventionelle Seele dieser Stadt zeigt sich in den Menschen und Unternehmen, die in Bodø ansässig sind. Ein erfolgreiches lokales Unternehmen, Studio EBN, fertigt beispielsweise wunderschöne Accessoires aus Lachsleder. In der Craig Alibone Pâtisserie & Champagneria verfeinert man seine preisgekrönten Schokoladen durch die Zugabe typisch norwegischer Aromen wie Salz aus dem nahegelegenen Saltstraumen und in der Region gepflückte Beeren.Craig Alibone, ein Engländer, der vor zehn Jahren seinen Lebensmittelpunkt nach Bodø verlegte, hat sogar zwei Schokoriegel kreiert, um Bodøs Jahr als Kulturhauptstadt Europas zu feiern: mit Brunøst, schwarzen Johannisbeeren, Rosmarin und gerösteten Mandeln. „Sie sind im Kern norwegisch,“ sagt er über die Schokoladenriegel. „Aber die außergewöhnlichen Geschmackskombinationen bringen die Leute dazu, einmal etwas ganz anderes auszuprobieren.“Bodø ist wirklich der perfekte Ort für ein Jahr voller moderner und innovativer Kultur.

Das Programm in Bodø, Europas Kulturhauptstadt 2024, ist inspiriert vom wechselnden arktischen Licht im Laufe der Jahreszeiten, der Kultur der Samen, des indigenen Volkes in der umliegenden Region Sápmi, und es legt ein besonderes Augenmerk auf den Schutz der Umwelt.

Die Eröffnungsfeierlichkeiten fanden am 03. Februar unter freiem Himmel statt. Die Veranstaltung bei jedem Wetter draußen stattfinden zu lassen, war ein absolutes Novum in diesem Teil der Arktis und ein weiterer mutiger Schachzug der für Bodø 2024 Verantwortlichen. Die Zeremonie, bei der auch Königin Sonja von Norwegen persönlich anwesend war, fand auf einer spektakulären schwimmenden Bühne statt, gestaltet in der Form eines Otolithen des Kabeljaus, einem Gebilde im Ohr des Fisches.

Abbildungen von links nach rechts: Eröffnungszeremonie für Bodø2024 (Marie Nystad/Bodø2024); riesiges Lávvu , dargeboten von ÁRRAN 360° (Kasper Holgersen/Bodø2024); künstlerische Darbietung während der Eröffnungszeremonie (Marie Nystad/Bodø2024); Ausstellungseröffnung durch Håkon Bleken (David Engmo/Bodø2024).

Im Rahmen ihrer von Erfolg gekrönten Bewerbung sprachen sich die Verantwortlichen in Bodø für eine verstärkte Repräsentanz der samischen Kultur und des Erbes dieses indigenen Volkes aus. Dieses Bestreben spiegelt sich auch in den geplanten Auftritten, Konzerten und Ausstellungen wider. Zu den besonderen Höhepunkten gehören die neue, alle drei Jahre stattfindende Ausstellung zeitgenössischer Kunst von Samen aus Sápmi, die Lichtinstallationen von Nordland by Light und ÁRRAN 360°, originale 360-Grad-Filme führender Filmemacher mit samischen Wurzeln, projiziert in einem riesigen Lávvu.

Unter den mehr als 1.000 Vorträgen, Konzerten, Ausstellungen, Live-Musik-Veranstaltungen, Gedichtlesungen, Meisterschaften und familiengerechten Aufführungen, die das Programm füllen, finden auch einige Welt-Uraufführungen statt, darunter eine Oper über Fische und ein spektakuläres Konzert in einer Höhle unter Wasser.

Außerdem gibt es Installationen und neu komponierte Musik, welche die Beziehung der Einheimischen zum Meer thematisieren. Eine LEGO-Meisterschaft für Kinder. Ein Symposium über das Leben von Seevögeln und mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben. Und die norwegischen Meisterschaften im Sprint-Orientierungslauf.

Es verspricht ein abwechslungsreiches und durchdachtes Programm zu werden, das uns das ganze Jahr 2024 und darüber hinaus begleiten wird.

2024 ist Bodøs Zeit, um zu brillieren und weltweite Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – und die Zukunft sieht äußerst rosig aus.